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Im Zusammenhang mit der russischen Invasion hat Google den weltweiten Zugriff auf Verkehrsdaten aus der Ukraine zumindest vorübergehend gesperrt. Dieser Schritt dient dem Schutz der Bürger der Ukraine, da er verhindert, dass sie erfahren, auf welchen Routen sich Zivilisten befinden. Doch woher beziehen Kartenanwendungen eigentlich Informationen zur Verkehrsdichte? 

Mit der Verbreitung moderner Technologien ist die Sammlung nachrichtendienstlicher Informationen nicht auf spezialisierte Unternehmen beschränkt, die diese Dienste anbieten. Sogar ein einfacher Programmierer, der von seinem Keller aus arbeitet, kann viele Informationen sammeln, indem er einfach die im öffentlichen Bereich verfügbaren Daten filtert. Dabei handelt es sich nicht um ein hypothetisches Szenario, sondern um eine inzwischen tatsächlich eingetretene Realität.

Russische Truppenkolonne 

Jeffery Lewis, Professor am Middlebury Institute of International Studies in Monterey, Kalifornien, und sein Team verfolgten letzte Woche Daten von Google Maps in Russland, als sie am frühen Donnerstagmorgen einen Stau bemerkten. Dies war aufgrund der frühen Morgenstunden recht ungewöhnlich. Laut der Zeitschrift Lebensdraht In 98 % der Fälle werden nämlich historische Verkehrsdaten zur Vorhersage der Reisezeiten während der Navigation verwendet. Bei den verbleibenden zwei Prozentsätzen handelt es sich um mögliche Ausnahmen und Schließungen.

Lewis‘ Team sah also, wie sich der Stau nach Süden bewegte, was bestätigte, dass sich Truppen in Richtung Ukraine bewegten. Die Daten für die Google Maps-Anwendung stammen aus anonymisierten Standortdaten von Android- und iOS-Mobiltelefonnutzern. Dabei ging es nicht darum, dass russische Truppen mit Smartphones in der Tasche in das Gebiet einmarschierten, sondern um die anonyme Meldung jener Smart-Device-Nutzer, die durch den Militärkonvoi eingeschränkt wurden. 

Die Sperrung des Zugriffs auf ukrainische Verkehrsinformationen war sicherlich der richtige Schritt, denn gerade mit Hilfe der Anzeige von Säulen lässt sich nicht nur die Bewegungsrichtung einer großen Anzahl von Menschen vorhersagen, sondern auch, wo sie sich gerade befinden. Interessanterweise hat Google die Datennutzung auf der ganzen Welt mit Ausnahme der Ukraine abgeschaltet. Somit kann jeder, der Turn-by-Turn-Navigationsdaten im Land nutzt, weiterhin Live-Verkehrsinformationen anzeigen und Routen auswählen.

Datenerfassung 

Google Maps verfügt über eine der anspruchsvollsten Kartendatenbanken mit mehr als 1 Milliarde Kilometern in mehr als 220 Ländern und Territorien auf der ganzen Welt. Eine der nützlichsten Funktionen ist natürlich, dass es Sie abhängig vom aktuellen Verkehr navigieren kann. Wie bereits erwähnt, kümmern sich andere Benutzer um die Datenbank, indem sie sich auf den vorgegebenen Straßen bewegen.

Diese Informationen helfen zwar dabei, die aktuelle Einschätzung der Verkehrslage zu ermitteln, d. h. ob sich ein Stau aktuell auf Ihre Fahrt auswirkt, sie berücksichtigen jedoch nicht mehr, wie der Verkehr 10, 20 oder 50 Minuten nach Ihrer Planung aussehen wird. Um dies vorherzusagen, analysiert Google Maps historische Straßenverkehrsmuster im Zeitverlauf. Anschließend kombiniert die Software diese Datenbank mit historischen Verkehrsmustern mit den aktuellen Verkehrsbedingungen und erstellt mithilfe von maschinellem Lernen Vorhersagen auf der Grundlage beider Datensätze. 

Aber laut Magazin Mint.com Covid-19 warf sozusagen eine Mistgabel hinein. Seit Beginn der Pandemie haben sich die Verkehrsgewohnheiten weltweit deutlich verändert. Google selbst gibt an, nach Beginn der Sperrungen Anfang 2020 einen Rückgang des weltweiten Datenverkehrs um bis zu 50 % verzeichnet zu haben. Seitdem wurden natürlich einige Teile nach und nach wieder geöffnet, während in anderen einige Einschränkungen bestehen bleiben. Um dieser Änderung Rechnung zu tragen, hat Google Maps außerdem seine Modelle aktualisiert, um automatisch historische Verkehrsmuster der letzten zwei bis vier Wochen zu priorisieren und Muster aus jedem Zeitpunkt davor zu überschreiben.

Andere Informationsquellen 

Dabei handelt es sich natürlich um meist von der Stadt verwaltete Kameras, auf die auch die Öffentlichkeit Zugriff haben kann, oder um eigene Sensoren von Verkehrsüberwachungsunternehmen. Letztlich können auch die vernetzten Bordsysteme einzelner Autos Informationen senden. Z.B. Apple hat die Kartendaten von TomTom gekauft und es ist das Unternehmen, das sich seit einigen Jahren damit beschäftigt. In der Regel handelt es sich jedoch um eine Kombination aller verfügbaren Tracking-Lösungen. Die einzige Ausnahme bildet Waze, das auf seine große Community und die Meldung von Auffälligkeiten einzelner Fahrer angewiesen ist.

Auch im Jahr 2015 ist Apple in seinem Vertragsbedingungen gab an, dass es Daten von TomTom, Waze und Dutzenden anderen Unternehmen erhält, die den weltweiten Verkehr überwachen. Und was das inländische Unternehmen Mapy.cz betrifft, so verfügt es über Daten zur Verkehrssituation der Direktion für Straßen und Autobahnen der Tschechischen Republik in Kombination mit Daten externer Leasingflotten. 

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